Als ich vor über 30 Jahren in meine Wohnung zog, konnte ich noch die alte Betonschachtanlage der Zeche Rheinpreussen sehen, sie wurde gerade stillgelegt und der fette Turm Stück für Stück abgeknabbert / demontiert. Von einem Kumpel aus Hamburg bekam ich den hier vorliegenden Text zugeschickt und nach lesen des Textes einen etwas anderen Blick auf die Geschichte Meerbecks. Dafür Danke.
Zum 1. Mai 2019 also eine kleine Geschichte zur kämpfenden Arbeiterbewegung in Moers-Meerbeck und dem linken Niederrhein. Das es hier in dieser Schlafmützen-Gegend mal kräftig rumort hat und Arbeiterinnen für ihre Ziele sehr konsequent „nach vorn“ gegangen sind, hatte ich nicht auf dem Schirm und wird meines Wissens auch nirgends in Moers dokumentiert.
Eigentlich auch völlig normal, ist doch die offizielle Geschichte immer die Geschichte der „Herrschenden“ und ihrer Steigbügelhalter. Eine heroische Funktion diesbezüglich hatte schon immer die Sozialdemokratie und die ihr angeschlossenen Gewerkschaften. Ihre Haltung war immer durch Opportunismus und Arschkriecherei gekennzeichnet. Das wissen wir nicht erst seit Sebastian Haffners scharfsinnigem Buch „Von Bismarck zu Hitler“. So zeigt sich auch hier – anhand von Meerbecks kleiner Vergangenheit – wie reaktionär und peinlich die Rolle der Sozis oft war. Contras in Reinkultur.
„Die SPD wird niemals auf die Barrikaden gehen, und übrigens wären diese verfetteten älteren Herrschaften dort auch zu gar nichts nutz. Ihr Kampfplatz, wo sie zu etwas nutz hätten sein können, war das Parlament, und dort haben sie, wie immer, den Pass verkauft.“ (Haffner)
„ Alte Zeche Moers-Meerbeck
Das Beispiel Moers / Märzaktion 1921
In Moers und Umgebung hatte die VKPD (Zusammenschluß von der USPD und der KPD) nach der Vereinigung mit der linken USPD einen relativ großen Einfluß, in der Stadt Moers selbst war sie die stärkste Arbeiterpartei, deren Anhänger und Mitglieder zum größten Teil von den Unabhängigen gekommen waren.
Reichstagswahl 1920 Kreis Moers: 11.289 (SPD) 11.518 (USPD) 308 (KPD)
Stadt Moers: 2.200 (SPD) 2.350 (USPD) 7 (KPD)
Preußenwahl 1921 Kreis Moers: 10.313 (SPD) 1.401 (USPD) 6.768 (VKPD)
Stadt Moers: 1.600 (SPD) 450 (USPD) 1750 (VKPD)
Zudem hatte die FAU/Ge in der Bergarbeiterschaft einen relativ großen Einfluß: In Moers hatte sie 2.000, in Homberg 450, in Hochemmerich 2.400 und in Friemersheim 700 Mitglieder. In den größeren Zechen – Diergardt und Rheinpreußen – gab es eine schon traditionelle und breite Bewegung gegen die Überschichten, vor allem von der FAU/Ge getragen; die Forderung nach der 6-Stunden-Schicht war bereits 1920 weit verbreitet.
Im Februar 1921 kam es zu ersten Aktionen gegen die Überschichten, als die FAU und kommunistischen Betriebsräte aufforderten, das Verfahren von Überschichten einzustellen.
Gegen den Willen des BAV, dessen Vertreter Jungmann gegen einen Abbau von Überstunden eintrat, da dadurch Lohnverluste entstünden, beschloß eine Belegschaftsversammlung der Zeche Diergardt, Überstunden zu verweigern. Vorübergehend wurde auf Diergardt und vier weiteren Schächten so gehandelt. Aufgrund des Widerstands des BAV begann sich im Februar ein Bruch zwischen dem Verband und großen Teilen der Belegschaften anzukündigen, der noch dadurch vertieft wurde, daß die für die Streikaktion verantwortlichen Betriebsräte mit Zustimmung der im BAV organisierten Betriebsräte gemaßregelt und entlassen wurden.
Daraufhin bildete sich Anfang März ein Delegiertenausschuß aller Zechen, um gegen diese Kündigungen vorzugehen. (mehr…)